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Montag, 2. September 2019

Gerne mal Oldschool...

Individualität.
Das Wort unserer Zeit, vielleicht auch Generation.
Mit anderen Worten: Egoismus. Denn zu eben jenem werden wir angetrieben. Um Leistungsfähiger zu sein, ignoranter zu werden und uns hinter unserer Eigenständigkeit zu verstecken.
Aber was sind wir denn, wenn wir so Individuell sind?
Wir können uns selbst keine Familie sein, denn dies benötigt ja schlichtweg eine Ansammlung an Menschen. Wir können uns selbst kein Freund sein, denn wenn wir nur noch auf unseren eigenen Ratschlag hören, werden wir ja zur Schizophrenie erzogen. Wir können uns kein Partner sein, denn ein "Wir", wird nie allein von einem "Ich" bestimmt. Sieht für die Umwelt auch gerne mal seltsam aus, wenn man sich selbst tadelt oder umarmt.
Man hat früher seine Meinungsverschiedenheiten auch irgendwie direkter und offener austragen müssen. Da gab es nicht den sicheren Raum des Internets wo wir sein konnten, was oder wer wir wollten. Wir mussten hinter unseren Meinungen stehen, sie manchmal noch verteidigen, wenn wir wussten, dass wir uns eigentlich schon verrannt hatten, oder es keinen Sinn mehr machte. Aber wir hatten dabei etwas gelernt: Kommunikation.
Es ist verdammt schwer jemandem direkt in das Gesicht zu schauen und seine Wut, Angst, Verletztheit oder Scham ungefiltert und direkt zu sehen. Denn daher kommt ja auch die sinnvolle Ableitung unserer zahlreichen Emojis. Wir wollen das jede Hautfarbe, jede Sexualität und überhaupt jeder eingebunden wird, aber haben verlernt was sie bedeuten. Schön das wir immer emotionsloser unsere Emotionen digital versenden.
Wie selten sitzen wir einfach bei einem Glas Wein mit den Menschen die wir lieben zusammen und reden. Über unsere Geschichte, um uns besser kennenzulernen, über unsere Ängste, um gegenseitiges Verständnis zu empfinden, über unsere peinlichsten Momente um wirklich mal vor Lachen Tränen in den Augen zu haben. Denn eigentlich schicken wir diese Emojis nur, um sicher zu gehen, dass unser Gegenüber die Dinge versteht, die wir lieber nicht sagen. Wir können uns verstecken, jedes Wort mehrfach überdenken, neu schreiben, löschen und von vorn beginnen. Und somit haben wir verlernt mit den Konsequenzen unseres Handels zu leben und dafür einzustehen, was wir glauben, denken, oder lieben.
Ich streite lieber leise, aber bestimmt, manchmal ziehe ich mich auch bewusst zurück und sitze eine Situation aus, weil ich gerne mal offline und Oldschool bin. Ich höre mir noch gerne ein Album im ganzen an um zu verstehen an welchem Punkt in seinem Leben dieser Künstler mir etwas mitzuteilen hatte. Ich liebe es in einer Bar zu sitzen und das Leben zu besprechen, denn ich will nicht am Ende sagen müssen: "Ach, wie gerne hätte ich das noch gesagt."
Ich habe ja jetzt die Möglichkeit.
Ich liebe die schnelle Vernetzung, die guten Bilder um diese Gespräche, Abende und Erinnerungen auch festhalten zu können.

Aber vielleicht sollten wir ab und an das Telefon einmal öfter weglegen und in den Himmel schauen. Denn manche Sterne kann man in Bildern nicht einfangen. Und manche Gespräche kehren nie zurück. Erst recht nicht jene, welche nie geführt wurden.