Translate

Sonntag, 21. August 2016

Vermissen und Verpassen

Vermissen ist das Gefühl unserer Zeit. Es ist der Bruder vom Verpassen.

Wir vermissen Orte, die uns an unsere Kindheit erinnern, die einst unser Zuhause waren.
Wir vermissen Düfte, welche wir mit besonderen Orten verbinden, Parfums, welche an Menschen gebunden sind. Wir drehen uns um, sobald der Duft unsere Nase berührt, fallen durch ein Loch und landen im Netz der letzten Berührung, des letzten Blickes, der verpassten Chance.
Wir vermissen Menschlichkeit, geben uns aber lieber dem Hass hin. Oder noch viel schlimmer, der Gleichgültigkeit. Es gibt ja noch ein Morgen. Noch so viel Zeit, noch so viele Chancen.
Wir vermissen Freunde, rufen sie aber nicht an, weil wir keine Zeit haben, weil es gerade nicht passt für den anderen da zu sein, weil einen der eigenen Ballast erdrückt.
Wir vermissen die Unbeschwertheit, haben aber verlernt, wie ein Kind durch die Welt zu gehen, mit ungebremster Neugier und der großen Lust nach dem Leben.
Wir vermissen Liebe, wollen uns aber nicht öffnen. Hat ja schon so oft weh getan. War schon so oft aussichtslos. Wieso in etwas investieren, was am Ende doch nur so unglaublich schmerzt, dass man wünscht, man hätte die Hand dieses Menschen nie berührt, weil man sie dann nie hätte loslassen müssen.
Wir vermissen Aufrichtigkeit, werden aber zu Lügen erzogen. So viel gehört sich nicht, darf nicht gesagt werden, wird von anderen diktiert. Also lächeln wir behände und täuschen vor, nicht zu weinen, weil die Wahrheit am Ende niemanden interessiert.
Wir vermissen das Glück, weil wir das Gefühl haben, es überspringt uns und ist nur gnädig zu den anderen.

Wir vermissen Menschen. Die uns genommen wurden, die wir nicht bereit waren gehen zu lassen, weil wir ohne sie nicht komplett oder glücklich sind.

Wir verpassen neue Orte, weil wir in der Vergangenheit leben und nicht erkennen das ein Zuhause mit Menschen, nicht mit Gegenständen gefüllt wird.
Wir verpassen neue Düfte, weil wir uns an Dinge klammern, die wir kennen, sie machen ja weniger Angst.
Wir verpassen die Menschlichkeit, weil wir sie oft nur für uns einfordern, ohne sie zu leben. Sind wir uns nicht selbst oft nur am nächsten?
Wir verpassen die Liebe, weil wir ängstlich sind, schnelllebig, abgestumpft, ignorant und oft verwechseln, dass es nicht die Aufgabe der Liebe ist uns zu erfüllen, sondern das sie erst durch uns eine Bedeutung bekommt.
Wir verpassen die Aufrichtigkeit, weil wir zwar erkannt haben was von uns erwartet wird, selten aber einfordern was uns wirklich gut tut.
Wir verpassen das Glück, weil wir es an Erwartungen binden und nicht an jene Momente, die so klein sind, das man vor Glück platzen könnte. Der eine Kuss, der so flüchtig und unscheinbar war, aber von Herzen kam. Der eine Song der perfekt erklären kann, was wir nicht zu sagen wagen. Das "Leb wohl" vor dem Abschied welches uns die Möglichkeit geben kann Abschied zu nehmen. Denn nur dann haben wir nicht den Menschen verloren, sondern die schönen Erinnerungen bekommen.

Vermissen, verpassen und die Sehnsucht...nach dem Ankommen.