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Mittwoch, 25. Juli 2018

Nein zu Drogen, oder wie war das?

Demi Lovato ist gestern in ein Krankenhaus eingeliefert worden, wegen einer Überdosis. Für alle, welche nicht wissen, wer sie ist: Sie ist eine amerikanische Sängerin, sehr gut und ebenso erfolgreich auf ihrem Metier. Schon sehr jung, war sie auf den Brettern die die Welt bedeuten und hat sicher eine andere Jugend gehabt im Licht der Öffentlichkeit, als unsereins, der Scheiße bauen durfte, ohne dabei die ganze Zeit eine Kamera im Gesicht zu haben. Klar kann man jetzt sagen, sie hätte sich das ausgesucht, aber hat sie das wirklich? Ihr Job ist es, Menschen zu unterhalten, mit ihrer Stimme, ihren Shows, aber nicht wirklich Teil des Jobs ist es, ihr Privatleben öffentlich machen zu müssen, weil die Konsumgeile Gesellschaft gerne auf das Leben der Reichen und Berühmten schaut und sich daran ergötzt, wenn sie brechen, stolpern und ein ebenso fulminantes Comeback feiern. Wir brauchen es, zu sehen, dass es anderen auch schlecht geht, um uns selbst zu fühlen. Und es ist befriedigender wenn es die trifft, die doch vermeintlich alles haben.
Diesem Druck standzuhalten, ständig für andere als Vorbild, oder Feindbild zu gelten, ist nicht jeder Mensch gewachsen. Muss er auch nicht, denn schwach zu sein, Unzulänglichkeiten zu haben, ist einfach in der Natur des Menschen. Wir bewerten Job, Familie, Gewicht, Geld, Aussehen, Humor, eigentlich alles an anderen. Manchmal nehmen wir es als Motor, weil wir selbst etwas verändern wollen, manchmal als Beruhigungsmittel, dass es doch gar nicht so scheiße läuft für uns. Gibt ja andere, denen es viel schlechter geht.
Whitney Houston, Robin Williams, Amy Winehouse, Michael Jackson. Marylin Monroe, Prince, George Michael. Alles Menschen, die auf ihrem Kunstgebiet Meisterleistungen vollbracht haben und doch das ein oder andere Mal am Leben zerbrochen sind.

Demi Lovato war schon krank, lange bevor sie es wusste. Sie litt unter manischen Depressionen und einer Bi-polaren Störung. Diese Menschen haben oft ein sehr erhöhtes Risiko zu Drogen zu greifen. Oft finden sie Trost darin, weil es sie betäubt und sie die Auswirkungen ihrer Krankheit so nicht spüren müssen. Da wissen sie aber eben auch nicht, warum sie sich eigentlich selbst ruhig stellen. Viele erfahren es erst, wenn sie Therapien machen um aus diesem Sog heraus zu kommen. Dazu müssen sie aber zum einen das richtige Umfeld, die perfekte Behandlung und viel wichtiger selbst erkennen, dass es etwas im argen liegt. Nun kann man arrogant sagen, nun ja, wenn man sechs Jahre clean war (so wie Demi) muss man ja dann auch mal den inneren Schweinehund zusammen halten. Achso, na wenn das so einfach ist, wieso gibt es dann überhaupt Suchtkranke?
Ganz einfach. Es ist nicht so einfach, als würde ich bestimmen, in meiner Ernährung in Zukunft Zucker weg zu lassen. Denn das mache ich freiwillig. Ich kann jederzeit beschließen, ihn wieder zu essen, oder partiell Vegan zu leben, nur mal um zu testen, wie es ist. Ein Suchtkranker lebt immer mit dem Wort "Niemals"! Niemals wieder betäuben auf diese Art, niemals Angehörige enttäuschen, Niemals wieder schwach werden. Viel verlangt.
Rückfälle gehören dazu, vor allem wenn man ein normales Verhalten vollkommen umlernen muss.

Opiate waren früher völlig normal. Kaiserin Elisabeth (ja, unser aller Sisi) hatte im Reisegepäck immer eine Kokaspritze dabei, welche ihr vom Arzt gegen "Schwermütigkeit" verschrieben wurde.
Lange bevor es Studien darüber gab.

Und nun der eigentliche Witz:

An Alkohol und seinen Folgeerscheinungen sterben jedes Jahr in Deutschland die meisten Menschen, trotz allem sieht man überall Werbung, die uns ein leichtes Lebensgefühl vermittelt. Wir wollen nicht das unsere Kinder nackte Brüste sehen im Fernsehen und keine Schimpfwörter benutzen, aber wenn sie das Rum- Lebensgefühl vermittelt bekommen, singen wir alle noch laut den Werbe - Song mit.
Wir fragen Menschen auf Parties dreimal, ob sie WIRKLICH nichts trinken wollen, obwohl sie schon nein gesagt haben, wir haben Sprichwörter wie: "Kinder und Betrunkene sagen immer die Wahrheit.", um dem ganzen noch einen gewissen Humor zu geben. Und hey, da zeigen wir auch nicht mit dem Finger auf jemanden, der uns erklärt das er trockener Alkoholiker ist. Denn wir bewundern seinen Mut und die Courage es laut zu sagen.

Aber wenn jemand sagt das er ein wirklich psychisches Problem hat und der Alkohol eigentlich nur ein Ventil war (so wie die anderen Drogen eben auch) fragen wir nicht weiter nach. Das ist dann zu tief, weil es mehr war, als wir wissen wollten, als wir gefragt haben, wie es ihm geht.

Jeder kennt jemanden mit Burn-Out. Psychische Volkskrankheit Nummer EINS in unserer Leistungsfähigen Gesellschaft, die an ihren eigenen Anforderungen zerbricht. Das hat uns aber selten ermutigt, wirklich zu hinterfragen, warum es diesem Menschen so geht. Wir haben uns deshalb nicht hingesetzt und versucht zu verstehen, was in einem Menschen vorgeht, der glaubt an seinem Leben zu zerbrechen.

Wir haben ja soviel zu tun...

...wenn wir das Leben der anderen bewerten!

Samstag, 14. Juli 2018

Mama

Du siehst mich mit Deinen großen blau- grauen- manchmal grünen Augen an und ich sehe ein Lächeln. Ich bin mir nicht sicher, dass es wirklich da ist. Ich drücke Nancy's Hand und will eine Versicherung. Sie drückt zurück. Wir sind uns sicher, dass Du heute einen tollen Tag hattest, immerhin wurdest Du mit dem kompletten Bett hinausgeschoben, in die Sonne, Dein zweites Zuhause und auch in Richtung der Hüpfburg. So sind wir Dir entgegen gelaufen, überrascht, dass es überhaupt möglich ist.

Zeitsprung.

Du hast mir nach meiner Arbeit am Telefon eröffnet, dass Du wirklich schwer krank bist, es zumindest vermutest. Ich saß im Auto von Carolin und wiederholte stumpf Deine Worte: "Ich bin auf der Onkologie.", war es genau und ich sagte es nach, als wäre ich in der Schule und würde neue Worte lernen. Instinktiv nahm Caro meine Hand und drückte sie. Ihr war klar, was es bedeutet, wie gerne wäre ich dumm geblieben. Ich weinte sofort, ich reagiere nämlich sehr auf Berührungen, weil ich irgendwie spüre, wann sie von Herzen kommen. Ich habe sofort zu Ralf gesagt, dass ich dabei sein muss.

Zeitsprung.

Es ist Januar, ein beschissener Januar in Berlin, denn während ich in Stuttgart mit Turnschuhen eingestiegen bin, muss ich in Berlin feststellen. dass ich festklebe, sobald ich aussteige. Ich eile zu Dir, morgen bekommen wir das Ergebnis Du hast eine Bitte: "Egal was morgen gesagt wird, bitte weine nicht!" Oh je, denke ich mir, wie soll ich dass schaffen? Aber ich verspreche es. Ich will der Starke sein, DEIN Zuhause.
Wir irren über die Gänge, sind nervös, machen unangebrachte Witze, etwas wofür ich bis heute Deine Schwester, meine Tante, liebe, denn sie hat ebenso wie ich, begriffen dass unser Leben sehr beschissen sein kann und nur der Humor uns am Ende verbindet. Und ja, ich werde auf sie achten!
Die Ärztin ruft uns ins Zimmer...ich atme schwer, eigentlich kaum hörbar, aber Du spürst es und siehst mich nur an. Ich verstehe den Blick und frage fast kleinlaut, wohin ich mich setzen darf. "Gegenüber", sagt die Ärztin tonlos. Ich sitze, sauge Luft ein, als wäre sie unendlich.
"Leider muss ich ihnen mitteilen....", dann Stille. Ich hasse Stille bis heute, sie macht mich traurig, weil Du in diesen Momenten nicht meine Hand nehmen kannst, um mir zu sagen, dass alles gut wird.
"Es ist das schlimmste eingetreten. Sie haben Krebs."
Ich schaue von Dir auf Deinen Freund, nicht in der Lage zu reagieren. "Wie lange?", frage ich fast mechanisch.
Die Ärztin. auf die Frage vorbereitet sieht mir fest in die Augen und sagt diesen einen Satz: "Das kann man so nicht sagen, aber sie sollte genießen!"
Ich stoße den Stuhl zurück und renne aus dem Raum. Ich erinnere mich an das Versprechen nicht zu weinen. Ich weine vor der Tür, die Hände vor dem Gesicht, kann nicht glauben, dass dies nun mein Leben ist. Wir waren nach allem was wir erlebt haben, Seelenverwandt und nun sollte ich allein sein.

Sie sieht mich fest an, als sie aus dem Zimmer kommt, zündet sich vor der Tür eine Zigarette an und lächelt mich an. Dieses Lächeln, so voller Liebe, mein Heim, dass kann ich nicht mal geschrieben erklären.

"Ruf bitte alle an", sagt sie, mit einer Träne in den Augen, weil sie wusste, was es mit mir macht.

Als erstes rufe ich Ihre Schwester an. Ich sage die Worte: "Sie hat Krebs" und ich höre wie meine Tante ganz leise zerbricht. Als könnte man das Knacken in ihrem Herzen spüren.

Dann der schlimmste Teil: "Oma, ich muss Dir leider mitteilen, dass Mama Krebs hat."

Dieser Ton, dieses Seufzen, diese Trauer ist mein Begleiter, wenn es darum geht, heute mein Leben zu genießen. Ich habe in diesem Moment gelernt was es bedeutet, Erwachsen zu sein.

Wir treffen uns einen Tag später bei Mama, alle da, viele Tränen, viele Ängste, ich trenne mich von meinem Freund am Telefon, ich kann nicht an zwei Plätzen Krieg führen, wir müssen dem Krebs zeigen, dass wir stärker sind, so viel stärker...!!!

Zeitsprung.

"Wollen wir einen Film schauen?", frage ich in den Raum. Sie liegt seit Tagen im kleinen Zimmer auf der Couch. "Klar doch!", sagt sie und alles was mir einfällt ist "Beim Leben meiner Schwester" über ein Kind, was Organspender für seine Krebskranke Schwester ist.
"Ist ja nicht mein Krebs", sagt sie und lacht laut auf. Wie schön sie ist, wie sehr ich sie liebe. Wir schauen den Film, am Ende sitzen wir da, beide unter Tränen und Lachen laut, weil es so typisch ist.
Wir sind so miteinander, dass wir an den selben stellen heulen.

Zeitsprung.

Dein Mann sitzt unten vor dem Krankenhaus und weint auf der Bank- man kann es sofort erkennen, es ist ohne jede Hoffnung. Ich sehe ihm in die Augen und frage ihn, was los ist.
"Sie kommt hier nicht mehr raus, sie kommt nicht mehr nach Hause."
Ich bin versteinert. Er bittet mich, es Dir zu sagen. Ich weiß nicht, wie mir geschieht und stimme zu. Ich habe die Nummer meiner Cousine und Ihres Mannes im Kopf. Ich kann auch hier, heute nicht in Worte fassen, was wir für eine Familie waren, als es darauf ankam.
Ich gehe hoch und nachdem alle weg sind sitze ich in dem Krankenhaus zu dem ich manchmal fahre, nur um mich an Deine Stimme zu erinnern. Ganz leise höre ich Dich Lachen.
Du siehst mich ernst an.
"Mama, Du wirst leider nicht mehr nach Hause kommen.", sage ich zu Dir.
Du bist gefasst, kurz schluckst Du, dann greifst Du meine Hand. Ich bin ebenso gefasst. Bis Du mich fragst: "Willst Du noch etwas sagen? Haben wir etwas offen?"
Ich spüre jede Träne, alles was ich empfinden kann und ganz schnell habe ich Gänsehaut. Ich weine.
"Du darfst jetzt weinen Robert, Du verlierst schließlich Deine Mama."

Diesen Satz werde ich nie vergessen, er ist in meine Seele eingebrannt und Nancy hat geweint, sobald ich es gesagt habe, sie ist auch die einzige, deren Namen ich sage, weil sie mein Leben ist und ich weiß, dass ich ihr OK habe, wenn es um unser ALLER Kapitel geht.

Ich weine ungehemmt. "Es ist wegen dem Alkohol, oder?", fragst Du und ich breche noch mehr zusammen, weil ich leider nicht so gut Lügen kann, wie ich es wollen würde. "Wir haben doch aber eine tolle Zeit gehabt und ich will das Du mir was versprichst."
Du wirst leiser, weil Du die Tragkraft dessen begreifst, was ich Dir eben gesagt habe.
"Mach einen Abschluss, mach etwas aus Deinem Leben."
Während ich das schreibe, weine ich noch mehr, denn Du hast es nie gesehen.

Ich teile Dir sehr stolz mit, denn ich hoffe Du warst dabei:

Ich habe mir den Einzelhandelskaufmann selbst finanziert und mit einer drei schriftlich und einer zwei mündlich bestanden ohne jemals eine Berufsschule gesehen zu haben.

Ich habe danach meinen Ausbilderschein gemacht. Den habe ich mit einer zwei bestanden.

Und ich bin ein Fromelier, also habe ich einen Käsemeisterbrief, womit keiner was anfangen kann, aber ich habe es getan um Dir zu beweisen, was in mir steckt.

Ich war fleißig. Und ich bilde mir ein, dass ich Deine stolzen Rufe gehört habe, für jede Schulveranstaltung die wir verpasst haben, obwohl ich immer die Hauptrolle war und mich besonders bemüht habe, damit meine Eltern stolz auf mich sind.

Zeitsprung.

"Robert, komm bitte sofort ins Krankenhaus." Meine Tante ist Atemlos. Sie hat das Telefon Deines Freundes. Ich frage, ob Oma und Opa informiert sind. "Nein, wir wollten auf Dich warten."
Okay, ich nehme allen Mut zusammen. Ich wähle die Nummer, habe ich ebenso im Kopf, ist auch meine Heimat.
Ich erspare uns die Worte, die grausamen Details. Aber ich werde den Schrei nie vergessen. Wir können nicht ermessen was es bedeutet unser eigenes Kind zu verlieren. Wir können bis es soweit ist, nie ermessen, was es bedeutet zu verlieren. Egal wen. Wir können üben, reden, denken wir wären stark, bis wir schwach zusammenbrechen.
Wir haben Dich geküsst, umarmt, im Sessel neben Dir gesessen, gelacht, noch mehr geweint.

Zeitsprung.

Ich sitze auf der Couch, bin eigentlich nicht in der Lage nur einer Sendung zu folgen. Du wirst die Nacht nicht schaffen.
Nancy und ich haben das nicht erahnt als wir gestern gegangen sind. Ich war sogar feiern, weil ich so glücklich war, dass Du gelacht hast.
Nun sitze ich hier und warte auf den Anruf der mir sagt, dass Du nicht mehr da bist. Du atmest noch, nur in einem anderen Bezirk. Und ich sitze hier und warte auf den EINEN BESCHISSENEN VERFICKTEN ANRUF!!! Wie kann das alles in ein Leben passen?
Ich schlafe ein, mit einem enormen Herzschlag.

2:19

"Herr Pester, ich muss ihnen leider mitteilen, dass ihre Mutter um 2:10 Uhr verstorben ist."

Ich atme ein, dann aus, bedanke mich und lege auf.

Ich mache mir einen Sekt auf, gehe auf den Balkon, stehe mit erhobenen Glas da und sage: "Gute Reise, mein Engel."

Ich lächle, denn jetzt bist Du frei. So frei wie Du im Leben nicht sein konntest.

Freitag, 23. März 2018

Ungefiltert

Man kann auf so vielfältige Weise Müde sein, dass es manchmal erschreckend ist. 
Müde von der Arbeit, dem Perfektionismus, der Angst, dem Leben, der Langeweile. So viel Müdigkeit, so wenig direkte Erkenntnis. In den letzten Tagen war Arbeit meine oberste Priorität. So ist das eben, wenn man eine bewusste Entscheidung trifft. Aber warum funktionieren Entscheidungen eigentlich nie ohne ein schlechtes Gewissen? Wann habe ich das letzte Mal mit wem telefoniert? Warum melde ich mich nicht öfter, was kann ich ändern? Bin ich ein schlechter Freund, Partner, Bruder, Sohn, Enkel, wenn ich nicht immer geben kann, was ich eigentlich will?
Und dann sind da diese Ultra abgestumpften Momente, in welchen ich Anrufe ignoriere, ganz bewusst, weil ich keine Lust habe. Tief in mir weiß ich, dass ich so unsubtil nicht funktioniere. Eigentlich will ich den Menschen gerecht werden, wenn ich also merke, dass es nicht geht, lasse ich es lieber ganz. Diese Konsequenz habe ich gelernt und sie steht irgendwie auch für mich. Aber sie macht auch einsam. In Zeiten, in welchen wir das Internet aufrufen und mit Meinungen überrannt werden, sind wir immer nur einen Schritt von einer Wertung entfernt. Und weil diese Immunität so wunderbar ist, kann uns also jeder sagen, ob er unseren Style, unser Gesicht, oder gleich alles total beschissen findet. Und hinter der Maske des schnell geschriebenen Wortes stehen wir da und wissen nicht wie wir reagieren sollen. Manchmal sind wir verletzt und geben einen Hashtag weil wir das #Ultrawitzig finden, dabei scrollen wir durch und denken bei einem negativen Kommentar schon, wann und wie wir es löschen. Denn es ist eins zu viel, in einem Moment, in welchem wir gebauchpinselt werden wollen, eben weil unser Tag beschissen war, wir aber glauben, dass dieses Selfie doch recht gut geworden ist. Angst nicht zu gefallen hat die Reibung ersetzt. Früher hätte ich die Person direkt gefragt, wo eigentlich ihr verschissenes Problem ist, am Ende hätten wir angestossen und uns ewige Liebe geschworen. Heute bin ich ehrlich verletzt. Andere Meinungen sind schwerer zu ertragen, wenn sie so ungefiltert kommen, weil ich eben auch besser Schreiben, als Reden kann. Daher die Müdigkeit. Ich poste nur noch wenig bei Facebook, weil ich gemerkt habe, dass die Meinung anderer mein eigenes Stimmungsbild beeinflusst hat. Und ich wollte nicht mehr ferngesteuert sein. Ich wollte der gestresste, angekotzte Typ sein, der seinen Freunden sagt, was los ist, dabei aber authentisch und real ist. Ich kann noch so viel erleben, in so wenig Zeit, ich gebe mir Mühe in jedem Tag was gutes zu sehen (zu leben als wäre es der letzte, würde mich hochverschuldet aus der Nummer aussteigen lassen) und eben das auch zuzulassen. Kein Messen mehr, kein Böse sein, wenn ihr es nicht auch dem Gegenüber so sagen würdet und schon wäre die Welt etwas leichter. Nach jedem Amoklauf schreien wir die gleichen Parolen um dann nach Hause zu gehen und Menschen, die anderer Meinung sind zu beschimpfen auf eine Art, in welcher wir nicht erzogen wurden.

In diesem Sinne. Thank you for the Minute.....!!!!!

Montag, 29. Januar 2018

Mee too und seine Scheinheiligkeit

Bis auf drei Frauen, waren alle Frauen von Hollywood erpicht darauf, bei den Golden Globes, schwarz zu tragen und Solidarität zu zeigen. Oprah Winfrey wird als zukünftige Präsidentin gehandelt und alle Frauen aus der Filmbranche wollen Stoff der Weiblichkeit und Stärke präsentiert.

Jahrelang gehen Frauen auf dubiose Einladungen eines fetten, schmiereigen Produzenten ein und denken, er will auf seinem Zimmer nur ein Käffchen trinken. Klar, Mama hat immer gesagt, man solle nicht mit Fremden mitgehen, aber das kann man doch ignorieren, wenn da die große Rolle und Millionengage winken. Warum sich solidarisieren? Wenn Julia Roberts es nicht macht, kann ich vielleicht die 25 Millionen Gage verhandeln und die zukünftige Oscar- Preisträgerin werden.

Ich könnte mich im Strahl übergeben. Wir sind Frauen, wir wollen gleichberechtigt wahrgenommen werden, während wir uns die Titten bis zum Hals schnüren und bewusst damit spielen, aber bitte keine Bemerkung darüber, wir sind Selbstbestimmt und können die Spinne schreiend selbst aus dem Haus werfen.

So lange es funktioniert hat und die Gagen in die Höhe schnellen, die Rollen, die einen ernährt haben nicht Powerfull genug sein konnten, haben wir das Spiel mitgemacht. Auf einmal bleiben die Gagen und Kinobesucher aus und uns fällt ein, was wir nicht alles haben über uns ergehen lassen. Dann lass mal loslegen, anstatt einmal den Arsch in der Hose zu haben und den teuer bezahlten Bodygard mit auf Weinsteins Zimmer zu nehmen, zumal doch angeblich ganz HOLLYWOOD davon wusste.

Nein, da wird jahrelang gewartet, es wird lamentiert, wie schwer diese Frauen es hatten einen welken Pimmel in einem Bademantel zu sehen und da draußen laufen Frauen herum, die keine 250 Millionen Privatvermögen haben und von ihren Männern bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen werden, die keine Armada von Angestellten haben und sich einen Gin- getränkten, schrulligen Lebensstil nicht leisten können. Nein, sie fahren blau- geschlagen ihre Kinder in die Schule und versuchen sie zu schützen, sie gehen arbeiten und verdecken ihre Verletzungen mit Schals und aller letzter Kraft. Aber hey, Reese Witherspoon hat gerade einen mega starken Film produziert, aus ihrem Privatvermögen, über eine Frau die wandert. Was für ein Stoff, was für ein verdientes Meisterwerk.

Und da steht die verhöhnte, mittelklasse- Frau vor dem Plakat und hat Verständnis für diese Arme, weiße Frau, welche heute in Ihrem Namen (Me too) ein schwarzes Kleid trägt, welches Calvin Klein, ihr auf ihren nicht- mißhandelten, dünnen Körper geschneidert hat.

Ich hasse Vergewaltigungen und jeder der mich nur ansatzweise kennt, kann das verstehen, aber wenn jemand mit einem roten Stopp- Schild vor Dir läuft und Du aus Karierregeilheit grün siehst, wie dumm zur Hölle bist Du dann eigentlich?

Und welches Recht hast Du, im Namen von Menschen zu sprechen, welche weder Deinen Background, noch Deine Macht haben?

Generell bin ich für alles was Veränderung bringt, aber ich hasse Heuchelei. Sei ehrlich, gib zu, dass Du Dich in diesem Fall mit Lichtgeschwindigkeit in die Opferrolle katapultiert hast, weil Du dachtest es könnte der HIT Deines Lebens sein. Aber verhöhne dadurch nicht die Frauen, welche all dies weder bewusst entscheiden, noch abwenden konnten. Denn dann bist Du nicht anders, als der dreckige, schmierige Produzent und alles was ich sagen kann ist: YOU TOO!!!!!!!!!

Sonntag, 21. Januar 2018

Die Nahrungsextremisten

Wenn die Hängetitten Öko- Birte an die Theke kommt und einen darüber aufklären will, dass sie doch eine Laktose- ALLERGIE hat, weißt Du eigentlich schon, dass sie das aus dem Buch "Öko for Dummies" hat. Jetzt versuchst Du ihr also auf eine galante Art zu erklären, dass ihr eigentliches Problem ein ziemlich eingeschränkter IQ ist, was Du natürlich nicht offensichtlich machen kannst. Du fragst sie also, wie stark denn der Ausschlag ist, den sie vom Käse bekommt, denn Du musst ja eingrenzen können, wie hoch der Milchanteil sein darf. Versteht sie natürlich nicht. Die Frage ist ja schon mal warum sie sich überhaupt an die Theke verirrt hat, aber auch das darfst Du sie nicht fragen, sie könnte durchschauen, dass sie gerade Futter für ein ganzes Comedy Programm ist. Sie schiebt also ihrem Torben- Hendrik, der natürlich auch so ne Allergie hat, nen Müsli Riegel zu damit er die Bongos vergisst, die sie neulich im "Naturprodukte verarbeiten" Kurs gebastelt hat und auf denen er gerade herrlich in Zimmerlautstärke eindrischt. Ob ich ihr sage, dass sie über den Hohlkörper Tierhaut gezogen hat? Besser nicht. Sonst rennt sie gleich raus, umarmt einen Baum und entschuldigt sich bei Mutter Natur für ihr fahrlässiges Verhalten. Ob Bäume ne Menschen- Allergie bekommen können? Wäre irgendwie witzig, wenn sie den umarmt und er schlagartig alle Blätter verliert.
Ich sehe in ihr Gesicht und versuche zu verstehen, was hinter der Fassade abgeht. Warum ist sie so ein Nahrungsextremist? Im schlimmsten Fall bekommt sie Bauchkrämpfe und spart sich nach dem Käse eine Rennie- Tablette. Aufräumen auf natürlicher Basis. Sollte doch eigentlich auch irgendwo in dem Buch stehen. Ich muss grinsen. Zwischen zwei Menschen kann so viel passieren, ohne das ein einziges Wort gesprochen wird. Torben verkrümelt sich an das Haribo Regal. Er steht also vor dem Gelatine- Schlaraffenland und sabbert, ohne zu begreifen wie seine Mutter das wohl finden würde.
Sie erklärt mir gerade, dass sie jetzt versucht auf alles tierische zu verzichten. Außer Bio. Das ist gut. Gerne würde ich ihr erklären, dass Bio nicht zwangsläufig Artgerechte Haltung bedeutet und die langen Transportwege weder für das Tier, noch für die Umwelt gesund sind. Aber dann müsste ich ja auch Regionalität erklären, was voraussetzen würde, dass sie begreift, dass es außerhalb von Prenzlauer Berg noch andere Regionen gibt. Käse ist ja nicht gesund, weil der Körper garnicht so viel Calcium aufnehmen kann. Achso, denke ich, dass macht Sinn. Der spült das also aus und wir ergänzen das durch eine Tablette aus der Röhrenverpackung, Die Dosis macht das Gift und abgesehen von Calcium, nehmen wir noch ganz andere Vitamine auf, welche auf natürliche Basis entstehen und verteufeln das. Wird immer besser.
Wie gerne würde ich schreien, wenn mir solche Menschen begegnen. Sind das die Leute, die sich wegen den Abnehm- Tipps eine Zeitung kaufen und am Ende doch das Kuchenrezept auf der Seite dahinter ausprobieren?
Warum haben wir verlernt in Maßen zu Essen und mal auf zwei Generationen vor uns zu schauen? Unsere Großeltern haben noch mit Marken in Geschäften gestanden, kannten weder MHD noch Kühlkette in diesem Ausmaß und sind die Generation, welches unser Durchschnittsalter erheblich haben ansteigen lassen. Sind das am Ende nicht Luxusprobleme?
Mittlerweile hat Birte sich mit einer Kundin angefreundet. Die redet gerade über Glutenfreie Produkte. Ich habe Feierabend.
Während ich gehe, renne ich an Torben vorbei, der sich einfach ne Tüte Haribos aufgerissen hat und seiner Mutter damit den imaginären Stinkefinger gezeigt hat. Bekommt sie nur nicht mit. Sie hat sich mit Hanka verabredet. Gibt einen neuen veganen Kochkurs. Ein Hoch auf die Ernährung.